Rechtsanwälte Gäbler & Heuser

 

Erbrecht

Neue Schlusserbeneinsetzung: Vereinbarter Änderungsvorbehalt kann wechselbezügliche Verfügungen flexibel halten

Grundsätzlich gilt im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments, dass wechselbezügliche Verfügungen nach dem Tod eines Ehegatten nachträglich nicht mehr abgeändert werden können. Doch wie so oft gibt es auch hier Ausnahmefälle - oder wie der Jurist sagt: Es muss auf den Einzelfall abgestellt werden. Und mit eben einem solchen Ausnahmefall hatte sich im Folgenden das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) zu befassen.

Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau hatten im Jahr 1988 ein gemeinschaftliches Testament errichtet und sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die gemeinsame Tochter wurde als Schlusserbin mit einer Quote von 2/3, drei weitere Beteiligte mit einer Quote von jeweils 1/9 eingesetzt. Ersatzerben nach der Tochter sollten deren Abkömmlinge nach gesetzlicher Erbfolge werden. In dem Testament hieß es zudem: "Der überlebende Ehegatte wird ermächtigt, von diesem Testament abweichende Verfügungen zu machen." Nach dem Tod der Ehefrau schloss der Erblasser seine Tochter von der Erbschaft aus. Im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens waren die Abkömmlinge der Tochter der Ansicht, dass nunmehr die Ersatzerbenregelung zur Geltung komme, und beantragten einen Erbschein mit einer entsprechenden Erbquote. Die Tochter des Erblassers war hingegen der Ansicht, dass es sich bei der Schlusserbeneinsetzung der Eltern um eine wechselbezügliche Verfügung gehandelt habe, die nach dem Tod der Mutter nicht habe abgeändert werden können.

Dieser Ansicht schloss sich das OLG in letzter Instanz jedoch nicht an. Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass es sich bei der Schlusserbeneinsetzung um eine solche wechselbezügliche Verfügung handelt und derartige Verfügungen nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr abgeändert werden können. Der Erblasser durfte aber aufgrund des Änderungsvorbehalts, der in dem Testament umfassend formuliert worden war, eine erneute Verfügung von Todes wegen mit einem anderen Inhalt verfassen.

Hinweis: Lediglich die Erbeinsetzung und die Anordnung von Vermächtnissen sowie von Auflagen können wechselbezüglich erfolgen.

Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 18.04.2023 - 3 W 147/22
Thema: Erbrecht